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ATEMLEHRE

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INNERER ATEM

Atem im inneren Kreislauf des Zellatems (Innerer Atem)

Die früheste Atemerfahrung des Lebens ist das Atmen der Zellen im Mutterleib. In diesem inneren Atemgeschehen ist jeder Mensch tief vertraut und erfahren – haben die Zellen doch bereits geatmet, als ihnen in der embryonalen Entwick-lung die genetische Information eingeschrieben wurde.

„In der frühen Erfahrung liegt ein Wissenspotential,
das viel differenzierter und älter ist, als alles,
was wir später dazulernen.“1

Irmela Halstenbach


Der Bewusstseinsprozess im inneren Kreislauf des Zellatems geht vom Körper aus. Er vollzieht sich in einer Schicht, wo sich seelische und körperliche Pro-zesse berühren und ineinander übergehen. In der praktischen Arbeit wird die Fähigkeit des Bewusstseins geschult, unter das rhythmische Atemgeschehen zu tauchen. An der Schwelle zum Einschlafen beruhigt sich das Geschehen im Lungenatem.

Die kontemplative Wahrnehmung erkennt die Atembewegung der Zellen als fließende Bewegung oder Pulsation. Was damit gemein ist, lässt sich gut am Bild der Blautopf-Quelle verdeutlichen. Diese liegt in Blaubeuren in Süd-deutschland. Sie ist die zweitwasserreichste Karstquelle Deutschlands. Das Wasser von der umliegenden Alb tritt in der Quelle zu Tage. Die Quelle ist so breit wie ein kleiner See und so tief, dass das Wasser tiefblau und türkisfarben erscheint. Auf der stillen Wasseroberfläche ist die fließende Bewegung des aufsteigenden Wassers kaum sichtbar. Am ehesten ist seine Bewegung als Pulsation aus der Tiefe wahrnehmbar. So verhält es sich auch mit der Atembewegung der Zellen. Die teilt sich der Oberfläche des Körpers nicht als sicht-bare Bewegung mit. Die Atembewegung der Zellen kann man überall gleichzeitig empfinden.

Vermittelt über die Blutbahn nimmt der Atem Verbrauchtes aus den Zellen und erneuert den Lebensimpuls in den Zellen. Die Zellmembranen öffnen sich und nehmen mehr Stoff aus weniger Atem auf. Die Kommunikations- und Aus-tauschprozesse durch die Zellmembranen und innerhalb der Zellen werden angeregt. Eine wirksamere Kommunikation ist gleichbedeutend mit vertiefter Lebendigkeit.

Blautopf - Quelle in Blaubeuren / Alb-Donau-Kreis (mein Geburtsort)


 

„Die Atembewegung in den Tiefenschichten des Körpers entspricht dem Fließen der inneren Bilder.“2
Cornelis Veening


Durch die belebte „Atemverständigung“, können bildhafte seelische Eindrücke, ähnlich den Traumbildern aus den Schichten des persönlichen und kollektiven Unbewussten aufsteigen, und vom Bewusstsein aufgenommen werden. Innere Bilder setzten psychische Energie frei. Diese kann einerseits heilsam, aber auch zerstörend auf das Bewusstsein einwirken. Das Ich nimmt daher einer-seits eine zugewandte innere Haltung ein, die den Atem lassen kann und ihm Raum gibt, andererseits darf es sich nicht mit den wirksam werdenden Kräften verwechseln. Durch die unmittelbare Anbindung und Rückkopplung von Atem und körperlicher Empfindung zum Bild, tritt das Ich in einen dialogischen Prozess ein. Die psychische Energie breitet sich im Fluss des Inneren Atems in die synchrone, pulsierende Zellbewegung. Diese richtet sich, gemäß einem innerens Ordnungsprinzip zur Wirbelsäule hin aus und die Wirbelsäule richtet sich von selbst auf.

Die Kommunikationsprozesse in den Zellen und zwischen intra- und extrazellu-lärem Raum sind Gegenstand intensiver Forschungen der Molekularbiologie. Noch ist weitgehend unbekannt, welche Prozesse für Ordnung und Balance im Zellsystem sorgen. Der Atem könnte sich hier als beziehungsstiftendes Prinzip erweisen. Er kann als der selbstregulierende Prozess verstanden werden, wel-cher das Gleichgewicht in der dynamischen Ordnung des Zellsystems aufrecht erhält. Wo die Zellen atmen, wird die Fähigkeit des bewussten Ich entwickelt, in diese psycho-somatischen Bereiche vorzudringen. Die Integration dieser leiblichen und seelisch-geistigen Qualitäten in den Atem vermittelt dem Be-wusstsein Orientierung und Erkenntnis in den Bedingungen ursprünglicher Natur. Die persönlichen (Widerstands-) Ressourcen werden geweckt.

C. Veening beschreibt den Gehalt der Atemarbeit so:

„Der Hauptteil der Arbeit meint die Belebung der unbewussten Tiefenschichten und Kräfte, die erst das innere Bild des Menschen formen und runden und reich machen, dass er aus der inneren Fülle zu leben vermag.“3
Cornelis Veening

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1 Irmela Halstenbach (2008):100.
2 Veening® (2012).
3 VEREINIGUNG FÜR ATEMTHERAPIE UND ATEMPSYCHOTHERAPIE NACH C. VEENING© e.V. VAVE (Hg.) (2013): 26
Literatur
• HALSTENBACH, Irmela: Atem holen aus der Tiefe. Texte 1999 – 2008. Norderstedt: Books on Demand GmbH, 2008.
• VEREINIGUNG FÜR ATEMTHERAPIE UND ATEMPSYCHOTHERAPIE NACH C. VEENING© e.V. VAVE (Hg.): Atemweisen. Wurzeln und Gestalt der Atemlehre von Cornelis Veening. Wiesba-den: Reichert Verlag, 2013.
• VEENING® - Lehrwerkstatt Köln. Text zur Methode der Veening-Arbeit, auf der Grundlage des Curriculums für die Atemarbeit nach Veening verfasst von Anne Müller-Pleuss, Cornelia Ehrlich und Gisela Schmachtenbach, 2012